Tantra – Ursprung und Entwicklung
Die Wurzeln des Tantra
Die Wurzeln des Tantra reichen zurück bis ins 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Tantra entstand aus dem Kult um die Muttergöttin und fand seine größte Entfaltung im Indien des frühen Mittelalters (ca. um 600 – 1000 n. Chr.).
Man könnte dies auch als kulturelle Revolution bezeichnen. Es war eine Kulturströmung, die alle damaligen religiösen Dogmen in Frage stellte. Zu dieser Zeit wurde der ganze Bereich der erotischen Sinnlichkeit durch asketisch orientierte Sekten tabuisiert.
Doch statt die Welt als „Herd allen Übels“ und als „Stätte der Pflicht“ zu betrachten, könnte sie gleichermaßen auch ein „Garten der Sinnlichkeit und des Genusses“ sein.
Die tantrischen Lehren wurden in Indien mehr oder weniger geheim von einer Generation zur nächsten weitergegeben, mündlich und praktisch in Form von Ritualen, und später in Form von Sanskrit-Texten (die ältesten entstanden um ca. Christi Geburt).
Die Texte beschreiben Übungen für Körper und Geist, wie Yoga, Meditation, Mantren (Musik und Klang) und tantrische Rituale.
So entdeckte der Tantrismus den menschlichen Körper als „Tempel Gottes“ und nicht mehr als „Quelle der Schmerzen“.
Unterteilung
Tantra läßt sich grob unterteilen in buddhistisches und hinduistisches Tantra, außerdem in Weißes und Rotes Tantra.
Weißes Tantra ist ein von strenger spiritueller Disziplin geprägter Weg ohne sexuelle Übungen.
Rotes Tantra nutzt die sexuelle Kraft als Energiequelle für einen ganzheitlichen, spirituellen Weg.
Ungefähr zur Zeit der 68er Studentenrevolte und der Hippie-Bewegung in den USA (Woodstock Festival) - seit den 70er Jahren, erlebt Tantra im Westen eine Wiedergeburt. Einflüsse kamen besonders aus Indien über Osho (Bhagwan Shree Rajneesh) zu uns.
Es folgte die Öko-Bewegung („zurück zur Natur“), die neue Frauenbewegung (mehr Anerkennung und Respekt für die weiblichen Werte), die New-Age-Bewegung und die Esoterik-Welle (Suche nach dem Sinn des Lebens und spirituelle Befreiung).
Das neue Tantra wird als Neo-Tantra bezeichnet und entwickelt sich seitdem stetig weiter.
Tantra heute
Die Lehre des Tantra ist zu einer echten Bereicherung für unseren Kulturkreis geworden:
Festhalten, cool sein, zielorientiertes Handeln, Leistung usw. sind anerkannte Werte unserer Gesellschaft.
Doch Loslassen, Hingabe, Gefühle frei äußern, den Körper als Tempel der Seele und unsere Sexualität als göttliche Gabe zu ehren, sind Werte, die uns Tantra nahe bringt.
So ist Tantra nicht nur eine Liebesschule, sondern ein Weg der ganzheitlichen Selbsterfahrung, des Wachstums und der Ganzwerdung.
Lernschritte auf diesem Weg sind
- die vollständige Annahme des eigenen Selbst (Selbstliebe)
- die Hingabe an den Moment (im Hier und Jetzt sein) und
- die Fähigkeit, den Anderen so zu ehren und zu lieben wie er ist (bedingungslose Liebe).
Keine leichte Aufgabe!
Um diesem hohen Ziel näher zu kommen, wurden viele wirkungsvolle Übungen entwickelt, u.a. wird auch die sexuelle Kraft als eine der stärksten Energiequellen genutzt.
Wer sich auf die Vielfalt der tantrischen Erfahrungen einlässt, kann einen ganz neuen Zugang zu sich selbst und der eigenen Gefühlswelt entdecken. Liebe und Partnerschaft werden gestärkt und können sich neu entfalten.
(Vortrag von Marita beim ersten Schnupperabend am 22. Juli 2016)